EU-MERCOSUR-Abkommen: Ein unlösbares Trilemma zwischen Wettbewerbsregeln, normativen Ambitionen und der Diversifizierung der Lieferketten

Man sah sich schon auf der Zielgeraden. Die Wahl von Luiz Inácio Lula da Silva zum brasilianischen Präsidenten, als Nachfolger auf den in der Kritik stehenden Rechtspopulisten, Jair Bolsonaro, sowie die spanische EU-Ratspräsidentschaft, gaben Anlass zur Hoffnung für den Abschluss des EU-Mercosur Abkommens. Doch Vorbehalte mehrerer EU-Mitgliedsstaaten und in manchen lateinamerikanischen Partnerstaaten dämpfen die Hoffnung auf eine baldige Einigung.

Lula will das Abkommen noch vor dem Ende des brasilianischen Mercosur-Vorsitzes, abschließen. Dieses Zeitfenster sollte man nützen, meinen Befürworter. Doch die EU besteht auf das Einhalten von Umweltstandards, als Bedingung für den Abschluss des Abkommens, was in den lateinamerikanischen Partnerstaaten auf wenig Begeisterung stößt. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Blockdenkens, das von der chinesisch-amerikanischen Systemrivalität und der, durch den Krieg in der Ukraine verschärften, Fragmentierung der internationalen Gesellschaft, geprägt ist, sucht die EU nach neuen Handelspartnern, mit denen sie grundsätzlich ein ähnliches Werteverständnis teilt. Grundsätzlich stellt sich aber die Frage, ob das 2019 ausgehandelte EU-Mercosur Handelsabkommen in der bestehenden Form noch zeitgemäß ist.
Versorgungssicherheit und Diversifizieren gehören zu den Schlagwörtern der EU-Strategie für wirtschaftliche Sicherheit, die Ursula von der Leyen im Juni 2023 vorstellte. Neben stärkeren Lieferketten und einer Verringerung der Abhängigkeiten von kritischen Rohstoffen, die im Rahmen des von der EU angestrebten grünen Wandels unabdingbar sind, erhofft sich die EU durch das EU-Mercosur Abkommen einen besseren politischen Zusammenhalt mit Lateinamerika. Doch in der EU herrscht Uneinigkeit über das EU-Mercosur Abkommen: Manche Mitgliedsstaaten fürchten Nachteile für die heimische Landwirtschaft. Doch auch die Mercosur-Staaten stellen zunehmend Forderungen und drohen sich an Alternativen, wie China zu wenden, das durch Investitionen und Handelsbeziehungen lockt.
Marie Krpata ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Studienkomitee für deutsch-französische Beziehungen (Cerfa) am Französischen Institut für internationale Beziehungen (Ifri).
Ana Helena Palermo ist Referentin des Präsidenten des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.
Diese Publikation ist auch auf Französisch verfügbar: "UE-Mercosur : un trilemme insoluble entre règles de la concurrence, ambitions normatives et diversification des approvisionnements" (pdf).
>> >> Siehe zu diesem Thema auf Englisch verfügbar: Klemens Kober "Towards a New European Trade Strategy in Times of Geopolitical Upheaval: The German Perspective", Notes du Cerfa, Nr. 176, Ifri, Oktober 2023 (pdf).
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