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Ein tief verunsichertes Land – politische Fragmentierung und Polarisierung im Deutschland der Gegenwart

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Bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen am 8. Oktober konnte die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) beeindruckende Stimmgewinne verzeichnen. In Deutschland sind 54 % der Bevölkerung unzufrieden, bis sehr unzufrieden mit der Demokratie. Diese alarmierende Zahl unterstreicht die wachsende Politikverdrossenheit im Land.

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AfD Trauermarsch, Chemnitz, Deustchland, 1. September 2018
AfD Trauermarsch, Chemnitz, Deustchland, 1. September 2018
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Die Enttäuschung der Bürger hat weitreichende Auswirkungen auf das politische System Deutschlands. Die Bildung von Koalitionen wird aufgrund der zunehmenden Fragmentierung der politischen Parteien komplizierter. Selbst die einst dominante Große Koalition zwischen den beiden traditionellen Parteien, den Christdemokraten und den Sozialdemokraten, kann oft keine parlamentarischen Mehrheiten mehr gewährleisten.

Das deutsche Parteiensystem spiegelt diese Entwicklungen wider. Es besteht aus schwindenden Mitteparteien, den Christdemokraten und den Sozialdemokraten. Hinzu kommt eine fragile liberale Partei, die Freie Demokratische Partei (FDP), die sich oft entlang der Fünf-Prozent-Hürde hangelt, sowie die Grünen, eine Partei der neuen Mittelschicht. Hinzu kommen erstarkende Rechtspopulisten und möglicherweise bald eine neue linkspopulistische Partei.

Während die 'alten' Parteien der Mitte wie auch die 'alte Linke' einem Abwärtstrend folgen, hat die rechtspopulistische Partei AfD beachtliche Erfolge erzielt, insbesondere in wohlhabenden Regionen im Süden Deutschlands, wie Bayern und Baden-Württemberg, sowie in Sachsen. Dies wird in der üblichen, auf die Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland abstellende Debatte selten vermerkt (und noch weniger erklärt). Dabei ist die Nord-Süd-Spaltung gleichzeitig eine Wohlstands-Spaltung, was gängigen Erklärungen, Populismus sei der Protest der Abgehängten und Modernisierungsverlieren, entgegensteht. In Deutschland gibt es im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, Großbritannien und den USA keinen ausgeprägten Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Gebieten in der Wahl der rechtspopulistischen Parteien.

Dies resultiert teilweise daraus, dass AfD-Wähler von Überzeugungen getrieben sind, die regionale Unterschiede übersteigen. Obwohl Deutschland seit 2005 von der Globalisierung profitiert hat und von den Auswirkungen des sogenannten 'China Schocks' nicht nur verschont geblieben, sondern sogar von ihm profitiert hat, könnte sich dies ändern, da sich das weltweite wirtschaftliche und geopolitische Umfeld ändert und das deutsche Wirtschaftsmodell gefährdet. Die ehemaligen Gewinner der Globalisierung könnten nun zu Verlierern werden, da der Anti-Globalisierungstrend zunimmt. Das europäische Integrationsprojekt, das diesen Prozess der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Globalisierung auf Kosten des Nationalstaats verkörpert, wird von den AfD-Wählern als eines der Übel angesehen, das bekämpft werden muss.

Insgesamt durchläuft Deutschland einen tiefgreifenden Transformationsprozess, der sowohl sozioökonomische als auch soziokulturelle Gründe hat. Dieser Prozess stellt das etablierte politische System Deutschlands und sein Wirtschaftsmodell auf die Probe und deutet auf eine unsichere politische Zukunft hin.

 

Prof. Dr. Philipp Manow ist Politikwissenschaftler an der Universität Bremen und am dortigen Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik (SOCIUM). 

 

 

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979-10-373-0770-5

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Studienkomitee für deutsch-französische Beziehungen (Cerfa)
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Das Studienkomitee für deutsch-französische Beziehungen (Cerfa) wurde 1954 durch eine zwischenstaatliche Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich gegründet, um die Kenntnisse über Deutschland in Frankreich zu vertiefen und die deutsch-französischen Beziehungen, einschließlich ihrer europäischen und internationalen Dimensionen, zu analysieren. Durch seine Konferenzen und Seminare, die Experten, politische Entscheidungsträger, hochrangige Funktionäre und Vertreter der Zivilgesellschaft beider Länder zusammenbringen, fördert das Cerfa die deutsch-französische Debatte und regt politische Vorschläge an. Es veröffentlicht regelmäßig Studien in zwei Reihen: den « Notes du Cerfa » und den « Visions franco-allemandes ».

Das Cerfa unterhält enge Beziehungen zu deutschen Stiftungen und Think Tanks. Neben seiner Forschungs- und Debattenarbeit fördert das Cerfa die Entstehung einer neuen deutsch-französischen Generation durch originelle Kooperationsprogramme. So führte das Cerfa 2021-2022 ein Programm über Multilateralismus in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Paris durch. Dieses Programm richtete sich an junge Fachkräfte aus beiden Ländern, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeiten für die Herausforderungen des Multilateralismus interessieren. Es umfasste eine breite Palette von Themen im Zusammenhang mit Multilateralismus, wie internationalen Handel, Gesundheit, Menschenrechte und Migration, Nichtverbreitung und Abrüstung. Zuvor hatte das Cerfa am deutsch-französischen Zukunftsdialog teilgenommen, der von 2007 bis 2020 gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung geleitet wurde, sowie an der Gruppe Daniel Vernet (ehemals Deutsch-Französische Reflexionsgruppe), die 2014 auf Initiative der Stiftung Genshagen gegründet wurde.

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