Pazifismus im Wandel: Politische Parteien und die Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen
In der deutschen parlamentarischen Demokratie spielen die Parteien eine wichtige Rolle beim Beschluss von Auslandseinsätzen der Bundeswehr und bei der Kontrolle ihres Einsatzes. In dieser Debatte stehen sich Befürworter („Militaristen“) und Gegner („Pazifisten“) gegenüber.

Es gibt viele Gründe, auch historische, für das deutsche Unbehagen angesichts von Auslandseinsätzen des Militärs. Aber die Frage des „Pazifismus“ ist oft ein Katalysator, der die Parteien daran hindert, eine rationale Diskussion über die Frage militärischer Interventionen zu führen und der sie dazu veranlasst, in dieser Frage sehr vorsichtig zu sein. Die Einstellung der Parteien zu militärischen Interventionen wird jedoch wahrscheinlich eine immer wichtigere Rolle in der Debatte spielen. Im Vorfeld der Bundestagswahl im September 2021 und angesichts einer zunehmend zersplitterten politischen Landschaft, die zur Bildung einer Drei-Fraktionen-Koalition führen kann, kann sich dieses Thema aufgrund der politischen Unterschiede zwischen den Parteien als entscheidend erweisen.
Darüber hinaus ist dieses Thema im aktuellen transatlantischen und europäischen Kontext zu einem Marker geworden, anhand dessen sich die Glaubwürdigkeit Deutschlands auf der internationalen Bühne und gegenüber seinen Partnern im Atlantischen Bündnis messen lässt. In der Tat trifft diese deutsche Zurückhaltung auf immer weniger Verständnis, und militärische Interventionen sind eines der zentralen Themen, zu denen ein Kandidat Stellung beziehen muss, um als glaubwürdiger Anwärter auf das Kanzleramt zu erscheinen.
Viele Parteien verschieben ihre Positionen und Debatten über künftige Bundeswehreinsätze. Diese spaltenden Themen innerhalb der Parteien könnten die Wahl der zukünftigen Koalition beeinflussen.
Paul Maurice ist Research Fellow im Studienkomitee für deutsch-französische Beziehungen (Cerfa) am Ifri, wo er sich insbesondere mit Fragen der deutschen Innenpolitik und den deutsch-französischen Beziehungen im Kontext der europäischen Integration beschäftigt.
Diese Publikation ist auf Französisch verfügbar: "Un pacifisme à géométrie variable : les partis allemands et la participation de la Bundeswehr à des opérations extérieures" (pdf).
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