Deutschlands Einsatz in Afghanistan: Die sicherheitspolitische Dimension

Bei der internationalen Afghanistan-Konferenz am 28. Januar 2010 sollten aus deutscher Sicht, die Ziele und Instrumente der internationalen Gemeinschaft, die für den Wiederaufbau des Landes eine Rolle spielen, auf den Prüfstand kommen. Dieses Bedürfnis resultierte im Falle Berlins aus der Einsicht, dass der Bundeswehreinsatz in Afghanistan nicht weiter gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung durchgesetzt werden kann.
Obgleich kein deutscher Politiker bislang ein offizielles Ende der deutschen ISAF-Mission öffentlich terminiert hat, so ist doch klar, dass Bundesregierung und Bundestag unausgesprochen auf den Zeitplan von Präsident Obama eingeschwenkt sind, vom Sommer 2011 an die nationalen ISAF-Kontingente aus Afghanistan sukzessive abzuziehen und die Verantwortung für die Sicherheit an die afghanischen Behörden zu übergeben.
Viel zu lange dominierte die Formulierung von vagen Zielen („islamistischen Terrorismus bekämpfen“, „Afghanistan demokratisieren“ u.a.m.) deren Realisierung letzlich unkontrollierbar war und ist. Erst in den vergangenen Monaten hat die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Londoner Afghanistan-Konferenz quantifizierbare „Benchmarks“ entwickelt, die es erlauben, in Abstimmung mit den Nato-Partnern in den verbleibenden drei bis vier Jahren den Verlauf und die Wirksamkeit der ISAF-Mission kontinuierlich zu kontrollieren.
Nur wenn es gelingt, den Prozess der Übergabe sicherheitspolitischer Verantwortung an die afghanischen Behörden an Termine zu binden, messbar zu machen und zu konditionalisieren, wird der ISAF-Einsatz und damit auch der deutsche Afghanistan-Einsatz in der noch verbleibenden Zeit ausreichend innenpolitische Legitimität genießen.
Markus Kaim ist Leiter der Forschungsgruppe „Sicherheitspolitik“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).
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