Für oder gegen Europa? Kann Macron mit seiner Sorbonne-Rede 2.0 den französischen Europawahlkampf noch für sich gewinnen?
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Die lange erwartete Fortsetzung der Sorbonne-Rede von 2017 entspricht dem Wunsch des Präsidentenlagers, das Stimmungsbarometer zugunsten der Regierungspartei Renaissance auszurichten. Aktuell liegt der rechtsextreme Rassemblement National in den Umfragen mit 30-32% fast doppelt so hoch wie die Präsidentenpartei (16-17,5%).
Gedacht war die Sorbonne-Rede als Zuarbeit zur strategischen Agenda der EU für die nächsten fünf Jahre, über die sich die EU nach der Wahl zum Europaparlament verständigen muss. Dabei empfiehlt sich Emmanuel Macron mit seiner umfassenden Bewertung der europapolitischen Handlungsfelder gleichzeitig für einen Posten in Brüssel nach dem Ende seiner Amtszeit 2027. So ist die Rede sicher auch als Appell an die anderen Staats- und Regierungschefs zu werten und bedarf noch einiger Übersetzungsarbeit für ein französisches Publikum.
Ob er damit das Ruder im französischen Wahlkampf wieder herumreißen kann, ist angesichts der tief verwurzelten Europaskepsis in Frankreich jedoch alles andere als ausgemacht. Während in Deutschland mehr als die Hälfte der Bevölkerung davon überzeugt ist, dass die Europäische Union eine gute Sache ist (54%), sind es in Frankreich gerade einmal 41%, so eine aktuelle Umfrage von Destin Commun. Und gerade bei der jungen Wählerschaft, von der man davon ausgehen könnte, dass sie Europa zugewandt ist, geben laut Ifop-Umfrage nur zwei Prozent der 18–24-Jährigen und 33% der 24-23-Jährigen an, Macron wählen zu wollen. Dem gegenüber stehen 21% der 18-24-Jährigen und 33% der 24-23-Jährigen, die für den 28 Jahre jungen Spitzenkandidat Jordan Bardella des Rassemblement National stimmen wollen. Dabei kann die Präsidentenpartei Renaissance sich eigentlich mit einer durchaus sehenswerten Bilanz an europapolitischen Initiativen brüsten.
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