Deutsche Entwicklungszusammenarbeit: Auf dem Weg zu einer geopolitischen Evolution? Jüngste Geschichte, aktuelle Trends und Zukunftsperspektiven
Es ist zu erwarten, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in der post-Merkel Ära geopolitischere Züge annehmen wird. Die kürzlich verabschiedeten Indo-Pazifik Richtlinien sowie die Unterstützung der geopolitischen Ambitionen der Europäischen Kommission zeugen von einer solchen Trendwende in der deutschen Politik.
Deutschland kann sicherlich mit Blick auf die Höhe der aufgebrachten Mittel für die Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) als wichtiger Akteur in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit angesehen werden. Die künftigen Entwicklungen der deutschen Entwicklungspolitik sind für die Partner Deutschlands im Bereich der internationalen Politik und der internationalen Entwicklung relevant.
Der rezente Wandel in der deutschen Entwicklungspolitik ist auf die Migrations- und Fluchtproblematiken, sowie auf die größere Einbeziehung des Privatsektors in die Entwicklungskooperation zurückzuführen. Mehrere deutsche politische Initiativen wie Compact mit Afrika bestätigen diesen Trend. Des Weiteren zeigen sie, dass der Fokus der deutschen Entwicklungspolitik auf dem afrikanischen Kontinent liegt. Der sogenannte BMZ 2030 Reformprozess des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstreicht die Relevanz der Ambitionen, die die deutsche Entwicklungspolitik, angesichts der derzeitigen internationalen Entwicklungen hegt.
Die nächste deutsche Regierung wird es zur Aufgabe haben, die Relation zwischen der deutschen Entwicklungspolitik und den gemeinsamen Herangehensweisen an die Entwicklungskooperation auf europäischer Ebene zu klären. Deutschland unterstützt im Allgemeinen die Politisierung der europäischen Entwicklungszusammenarbeit, d.h. das „geopolitische“ Denken. Regelmäßig schränken jedoch andere politische Prioritäten, wie das französisch-deutsche Verhältnis, die Umsetzung der deutschen Unterstützung für eine gemeinsame europäische Politikgestaltung ein. So zum Beispiel in der Sahel Region.
Das vorliegende Papier argumentiert, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unter einer Post-Merkel-Regierung höchstwahrscheinlich „geopolitischer“ sein wird, jedoch nach neuer Legitimität suchen muss. Während man von den politischen Parteien einer neuen Regierungskoalition – wahrscheinlich unter Beteiligung der Grünen Partei – wenig neues Denken erwartet werden kann, wird die Entwicklungszusammenarbeit von Rechtspopulisten in Frage gestellt. Über das geostrategische Denken hinaus bietet die Situation jedoch Chancen und eine Notwendigkeit für eine fortschrittlichere Entwicklungszusammenarbeit, die auf der Agenda 2030 aufbaut.
Dr Manfred Öhm ist derzeit stellvertretender Leiter der Abteilung „Finanzen und Organisation“ der Friedrich Ebert Stiftung (FES). Seine universitäre Lehrtätigkeit übte er an der Universität in Freiburg am Arnold-Bergstraesser-Institut für kulturwissenschaftliche Forschung aus. Davor war er Direktor der Friedrich Ebert Stiftung im Sudan und in Mozambique und leitete das Afrika Referat der FES (2013-2021).
Diese Publikation ist auf Französisch verfügbar: "La coopération allemande pour le développement : vers une évolution géopolitique ? Histoire récente, tendances actuelles et perspectives d’avenir“ (pdf)
Diese Publikation ist auf Englisch verfügbar: "Towards Geopolitical German Development Cooperation? Recent History, Current Trends, and Future Prospects" (pdf)