Am 16. Februar ist Daniel Vernet, bis zum Schluss aktiver Journalist, Analyst und Ideengeber, an den Folgen eines Schlaganfalls im Alter von 72 Jahren gestorben. Er hatte noch am selben Tag an einem Treffen der Deutsch-französischen Reflexionsgruppe, die vom Institut français des relations internationales (Ifri) und der Stiftung Genshagen getragen wird, in Paris teilgenommen. An der Diskussion über die Ausgestaltung eines neuen Elysée-Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich hatte er sich mit dem ihm eigenen Sinn für kluge Einordnung beteiligt.
Er hatte noch am selben Tag an einem Treffen der Deutsch-französischen Reflexionsgruppe, die vom Institut français des relations internationales (Ifri) und der Stiftung Genshagen getragen wird, in Paris teilgenommen. An der Diskussion über die Ausgestaltung eines neuen Elysée-Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich hatte er sich mit dem ihm eigenen Sinn für kluge Einordnung beteiligt.
Daniel Vernet war nicht nur einer derjenigen Journalisten, die die Tageszeitung "Le Monde", bei der er den Großteil seiner Karriere absolvierte, geprägt haben. Zugleich stand er auch für eine bestimmte journalistische Tradition in einem weiteren Sinn, die eher zum Ziel hat zu verstehen, aufzuklären und Analysen bereitzustellen, als um jeden Preis die Sensation zu suchen oder emotional zu berühren. Eine Tradition, die in der Zeit der Neugründung der Presse nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Ursprung hat und den Gegenentwurf zur Vorkriegszeit darstellt, als viele Zeitungen vor allem politische Sprachrohre oder gar Kampfinstrumente waren. Diese Zeit, in der auch das Fernsehen entstand, ist mit vielen großen Namen verbunden, wie etwa Hubert Beuve Méry, dem Gründer von Le Monde, oder auch François Régis Hutin, dem ehemaligen Präsidenten der größten französischen Tageszeitung Ouest France.
Für diese Generation der Nachkriegszeit, von der Hoffnung auf eine solidarischere Welt geprägt, findet die politische Debatte in einem breiten internationalen Rahmen statt, der vom Kalten Krieg, der Entkolonialisierung und der Erkenntnis Europas geprägt ist, dass es nicht mehr das Zentrum der Welt ist. Als Korrespondent von Le Monde in der Bundesrepublik Deutschland der 1970er Jahre, zur Zeit des Terrorismus der Roten Armee Fraktion, dann in der Sowjetunion im Moskau der Breschnew-Ära und der Zeit von Solschenizyn sowie des nuklearen Kräftemessens zwischen der UdSSR und den USA, schließlich in London, erlebt Daniel Vernet die langsame Entstehung des neuen globalen Gleichgewichts und des neuen, integrierten Westeuropa. 1983 kehrt er nach Paris zurück, um die Europa-Berichterstattung in der Redaktion Internationales bei Le Monde zu leiten. Zwischen der internationalen und der politischen Redaktion tobt zu dieser Zeit der Kampf um die Vorherrschaft in der Zeitung. Vernet wird Chefredakteur und dann Redaktionsleiter der Zeitung und bleibt es bis 1991, als die Redaktion ihn zwar erneut zu ihrem Leiter wählt, die Großaktionäre aber den Ökonomen Jacques Lesourne vorziehen, um Le Monde wirtschaftlich wieder zu konsolidieren. Er geht erneut auf Reisen, und wird als Chef der internationalen Redaktion und Leitartikler zum weltweiten Gesicht von Le Monde.
Nach seinem Rückzug im Jahr 2009 gründet er mit Thomas Ferenczi "Boulevard Extérieur", ein Internetportal für Analysen der internationalen Politik. Er ist weiterhin voller Tatendrang, beteiligt sich an zahlreichen Debatten über Europa und insbesondere die deutsch-französischen Beziehungen. Dabei nimmt er auch an Veranstaltungen der Stiftung Genshagen teil, als Mitglied der Deutsch-französischen Reflexionsgruppe ist er regelmäßig Gast auf Schloss Genshagen. Mit Daniel Vernet verlieren Frankreich und Deutschland einen der großen, klugen und weitblickenden Analysten ihrer bilateralen Beziehungen in Europa.
Henri de Bresson
(Übersetzung)
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