Deutsch-französische Beziehungen: Stilles Warten auf Merz
Scholz bei Macron zur Feier des jährlichen deutsch-französischen Tages: Das ist ein Stück Normalität. Doch die Beziehungen sind schwierig. Hoffen die Franzosen schon auf einen anderen Kanzler?
Eine Botschaft vorweg: Der Wahlkampf in Deutschland beschäftigt die Französinnen und Franzosen derzeit kaum. Man hat genug eigene Probleme; etwa die galoppierende Staatsverschuldung oder die politische Krise, die in Frankreich zuletzt Regierungsstürze im Dreimonatstakt erzeugt hat. Dass Deutschlands Koalition krachend gescheitert ist und die Wirtschaft wankt, ist kein großes Thema in den Medien oder am Mittagstisch.
Eine neue Umfrage der deutschen Botschaft in Paris belege das, erklärt Politologe Paul Maurice, Generalsekretär des Studienkomitees für deutsch-französische Beziehungen bei der angesehenen Denkfabrik Ifri-Institut. Trotz der großen Probleme der deutschen Industrie hätten die Französinnen und Franzosen weiterhin eine sehr positive Vorstellung von der deutschen Wirtschaft.
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Merz frankophiler als Scholz?
Auf Kontinuität setzen die Akteure auch in Zukunft. Es gebe in Frankreich die weitverbreitete Überzeugung, dass Deutschland schnell aus der aktuellen Phase der Ungewissheit herauskomme, erklärt Brandmaier.
Man gehe in Frankreich zurzeit davon aus, dass die nächste deutsche Regierung von den Christdemokraten angeführt wird. Zwar ist man sich bewusst, dass sie vermutlich auf einen oder zwei Koalitionspartner angewiesen sein wird. Aber es gebe beim französischen Partner die Zuversicht: "Das werden die Deutschen auch wieder hinkriegen."
Auch Politologe Paul Maurice glaubt, dass es auf eine Koalition unter Friedrich Merz hinauslaufen wird. Auf französischer Seite setze man große Hoffnungen in das Wahlergebnis in Deutschland. „In Teilen der Politik und der Wirtschaft wird Friedrich Merz als frankophil angesehen, frankophiler als Bundeskanzler Scholz.“
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Fragen nach dem Aufstieg der AfD
Ob sich dies mit einem neuen Bundeskanzler Merz ändern würde, ist ungewiss, vielleicht sogar unwahrscheinlich. Aber ganz grundsätzlich, erläutert Politologe Maurice, verbinde man mit einem Wahlsieg von Merz positive Aussichten: „Man sieht in den hohen Umfragewerten der CDU eine politische Stabilität, während überall in Europa der Populismus um sich greift.“
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Eine Entwicklung wie in anderen Staaten auch
Experten wie Politologe Maurice sehen im Aufstieg der AfD vor allem eines: eine „Normalisierung“ Deutschlands. Das Erstarken der AfD bereite in Frankreich zwar Sorgen, aber im Grunde gleiche sich Deutschland einfach mehr und mehr den anderen europäischen Ländern an. Allen voran dem engen Partner Frankreich. Denn hier stellt der rechtsradikale Rassemblement National von Marine LePen bereits die mit Abstand stärkste Oppositionsfraktion.
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